Extreme Hitze im Flugzeug begründet ohne nachweisbare Gesundheitsverletzung keinen Anspruch auf Schmerzensgeld (Urteil vom 05.05.2022 – 2-24 S 16/20).
50 Grad im Flugzeug, stickige Luft und stundenlange Verspätung – klingt wie ein Albtraum über den Wolken. Doch rechtlich bleibt es nur eines: unangenehm. Denn das LG Frankfurt hat entschieden, dass reines Schwitzen noch kein immaterieller Schaden ist.
Die Entscheidung ist schon etwas älter, aber wichtig zu wissen.
Sachverhalt
Im August 2018 buchte eine Familie – Mutter, Vater und eine zweijährige Tochter – einen Flug von Brindisi nach Frankfurt. Bereits der Einstieg verzögerte sich erheblich: Statt um 10:55 Uhr betrat die Familie die Maschine erst um 14:11 Uhr. Die Klimaanlage lief nicht, die Temperaturen an Bord sollen über 50 Grad gelegen haben, die Luft war stickig. Das Kind bekam Wasser, die Eltern zunächst nicht.
Der Pilot kündigte einen baldigen Start an, doch die Türen blieben geschlossen – selbst als Passagiere die Polizei riefen. Schließlich rollte das Flugzeug zurück zum Terminal. Dort wurde erklärt, die Klimaanlage sei defekt, man könne aber trotz der Hitze reisen. Die Familie entschied sich dafür, stieg erneut ein und erlebte wieder dieselbe Hitzebelastung. Erst um 17:20 Uhr hob der Flieger ab, mehr als sechs Stunden später als geplant.
Die Airline erkannte die gesetzliche Entschädigung nach der Fluggastrechteverordnung in Höhe von 250 Euro pro Person an. Zusätzlich verlangte die Familie ein Schmerzensgeld von 650 Euro pro Kopf – wegen Hitze, Atemproblemen und Belastung.
Entscheidung
Das Landgericht Frankfurt entschied gegen die Kläger. Zwar sei die Hitze unangenehm gewesen, aber ein Schmerzensgeld setze eine konkrete Gesundheitsverletzung voraus. Eine bloße Gefährdung oder Unannehmlichkeit reiche nicht. Die Kläger konnten keine medizinisch relevante Beeinträchtigung nachweisen.
Auch ein Freiheitsentzug liege nicht vor: Die Familie war freiwillig erneut eingestiegen und wollte ausdrücklich losfliegen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Meinung und Schluss
Ganz ehrlich: Ein Flugzeug ohne Klimaanlage bei 50 Grad klingt wie die abgehobene Premium-Variante einer Biosauna – nur ohne Eimer Wasser und ohne die Option, einfach rauszugehen. Aber rechtlich bleibt das Urteil sauber und stringent: Schweiß ist kein Schaden.
Schmerzensgeld schützt vor echter Verletzung, nicht vor schlechtem Komfort. Und vor allem: wer freiwillig wieder einsteigt, kann hinterher nicht so tun, als sei er widerrechtlich in einem Brutkasten festgehalten worden.
Trotzdem bleibt zu hoffen, dass Airlines künftig schneller merken, dass Klimaanlagen nicht nur nette Extras sind – sondern der Unterschied zwischen „Urlaub beginnt und bleibt angenehm“ und „Urlaub endet im Backofen“.