Keine Opferentschädigung für Gangster

LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 08.05.2025 – L 4 VE 4/24: Wer im kriminellen Milieu Opfer einer Gewalttat wird, hat keinen Anspruch auf Entschädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz. Die Allgemeinheit muss nicht für Risiken des eigenen Lebensstils zahlen.

Kugel im Oberschenkel, aber kein Cent vom Staat. Ein Mann, der in einer Berliner Prügelei mit Baseballschlägern, Eisenstangen und Schusswaffen verletzt wurde, ging leer aus. Grund: Wer in der Halbwelt lebt, muss seine Rechnungen selbst begleichen.

Sachverhalt

Der Kläger besuchte 2012 einen Gebrauchtwagenhändler in Berlin, mit dem er geschäftlich verbunden war. Dort eskalierte eine Auseinandersetzung: Baseballschläger flogen, Eisenstangen kamen zum Einsatz, schließlich fielen Schüsse. Der Mann erlitt eine Schusswunde am Oberschenkel. Fünf Jahre später beantragte er Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG), da er unter körperlichen und psychischen Folgen leide. Doch die Behörde lehnte ab – und bekam vor dem Sozialgericht und jetzt auch vor dem Landessozialgericht Halle recht.

Entscheidung / Auswirkungen

Das LSG Sachsen-Anhalt erkannte zwar an, dass eine vorsätzliche Gewalttat im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG vorlag. Dennoch sei eine Entschädigung nach § 2 OEG ausgeschlossen.
Die Richter führten aus:

  • Eine Entschädigung ist unbillig, wenn sich der Betroffene bewusst außerhalb der staatlichen Rechtsordnung stellt.
  • Wer als Zuhälter, Drogenhändler oder sonstiger Angehöriger eines kriminellen Milieus agiert, kann nicht erwarten, dass die Allgemeinheit für die Folgen solcher Konflikte aufkommt.
  • Der Kläger sei selbst Teil dieses Milieus gewesen, habe polizeiliche Kontakte verschwiegen, mit Ermittlern nicht kooperiert und typische „Szenekenntnisse“ gezeigt.

Damit bestätigte das Gericht: Kein Geld für selbstgeschaffene Gefahrenzonen.

Meinung und Schluss

Kurz gesagt: Wer mit Gangstern dealt, darf sich nicht wundern, wenn’s knallt – und schon gar nicht, wenn der Staat danach die Tür zuhält. Das Opferentschädigungsgesetz ist kein „Schmerzensgeld für Halbweltkarrieren“.

Das Urteil ist konsequent und rechtlich nachvollziehbar. Das Opferentschädigungsgesetz schützt diejenigen, die unverschuldet Opfer einer Gewalttat werden – nicht Personen, die sich freiwillig in riskante oder rechtswidrige Milieus begeben.

Das mag im Einzelfall hart wirken, denn auch wer selbst Fehler gemacht hat, kann Leid erfahren. Doch das LSG hat hier klar die Linie gezogen, die der Gesetzgeber in § 2 OEG vorgibt: Wer sich bewusst außerhalb der staatlichen Ordnung bewegt, kann keine staatliche Solidarität erwarten.

Das Urteil zeigt, dass Opferentschädigung keine moralische Wiedergutmachung, sondern ein Rechtsanspruch unter klaren Voraussetzungen ist. In diesem Fall fehlte eben genau das – die Unschuld im Sinne des Gesetzes.

Und wenn der Kläger meinte, das Ganze „intern“ regeln zu können – nun ja, das hat er ja offenbar versucht. Entschädigung soll echten Opfern helfen, nicht jenen, die den Abzug nur mal aus der anderen Richtung erleben.

Ihr Anwalt Thomas Penneke

9 Gedanken zu „Keine Opferentschädigung für Gangster“

  1. Der Typ ist echt dreist. Er hat sich in einem kriminellen Milieu bewegt, in dem das Risiko, verletzt zu werden, nun mal erhöht ist. Er hat sich außerhalb der staatlichen Ordnung aufgehalten. Dann kann er sich im Ernstfall doch nicht als unschuldiges Opfer inszenieren. Auf den Staat pfeifen und dann um Hilfe rufen – geht gar nicht.
    Klingt hart, ist aber echten Opfern gegenüber, die unverschuldet verletzt wurden, fair.
    Das Urteil ist nachvollziehbar und richtig.

      1. Da haben Sie auch wieder recht. Aber ich meine halt, dass er sich ja wissentlich in dieses gefährliche Milieu begeben hat. Und dann Opferentschädigung wollen……. Finde ich nicht ganz okay. Er ist ein Opfer, aber kein unschuldiges. Aber auch außerhalb des Milieus ist es nicht immer so eindeutig, ob man ein unschuldiges Opfer ist. Ach, Sie haben schon recht, nachdem ich nochmal nachgedacht habe.

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